Kurt Drawert

Schriftsteller

Still vergeht die Zeit

Partnerschaftsbeziehungen verschiedener Generationen werden vorgeführt, subjektive Problembelastungen und objektive Konfliktsituationen in diesen Beziehungen miterlebbar. Nach wechselseitiger Verantwortung füreinander wird gefragt, aber auch danach, was von einstigen Illusionen und Idealen im Prozess des Zusammenlebens bleibt. Im Mittelpunkt stehen die verheiratete Maria und Jan, die einst eine tiefe Beziehung zueinander hatten und sich nach Jahren der Trennung wieder begegnen.

Dramaturgie: Hans Bräunlich

Technische Realisierung: Eva Lau, Otto Wenke

Regieassistenz: Ingrid Hauschild

Regie: Fritz Göhler

Sprecher:
Barbara Schnitzler – Maria
Volkmar Kleinert – Jan
Andrea Aust – Mädchen
Bernd Storch – Junge
Hans-Joachim Hanisch – Herr Freitag
Eva Schäfer – Frau Freitag
Eva Weißenborn – Stimme

Personen:
Maria, Jan, Mädchen, Junge, Greisin, Herr Freitag, Frau Freitag, Stimme (weibl.)

Orte:
Im Café. Ein Zimmer. Im Wald. Auf dem Friedhof. Ein Raum

Zeit: Gegenwart

 

1

Ein Friedhof. Greisin.

Siehst du, mein Lieber, jetzt haben wir das Grab wieder schön. Wurde aber auch Zeit.

Wo doch der Sommer gerade begonnen hat. Wieder einmal. Der Sommer. 

 

Wurde aber auch Zeit. Wo doch der Sommer gerade begonnen hat. Eine endlose Wiederholung. Aber von Dauer. Die Wiederholung. Bis wir erliegen.

 

Und alles ist geblieben wie damals. Und alles hat sich verändert. Wenn du es sehen könntest. Die Tage, wie sie hell in dein Arbeitszimmer scheinen. Es steht ja alles noch so da, wie du es verlassen hast. Dein Schreibtisch rechts neben dem Fenster, die Vitrine, die Couch, der Tisch in der Mitte des Zimmers. Manchmal glaube ich, deine Stimme zu hören. Oder wie du den Stuhl nach hinten wegschiebst, um aufzustehen.

 

Es ist nur der sich ansammelnde Staub, der von deiner Anwesenheit spricht. Und daß die Dinge so kalt und unbewegt dastehen. Sogar einen neuen Kalender habe ich über deinen Schreibtisch gehängt. Aber es hat mich traurig gemacht, die Seiten selbst umblättern zu müssen, und da habe ich ihn wieder abgenommen. Da habe ich ihn wieder abgenommen.

Was sagte ich? Ach, der Kalender. Ja. Ich habe ihn wieder abgenommen.

 

2

Ein Raum. Stimme (flüsternd)

 

Wie die Jahre vergehn. Und die Zeit.

Wie das alles dahinstirbt. Und wiederkommt.

Und beginnt. Und zu Ende geht.

Und wiederkommt. Wie die Zeit vergeht.

Und die Jahre.

 

3

Ein Zimmer. Herr Freitag. Frau Freitag.

 

Herr Freitag: Ach, ist das ein schöner Nachmittag.

Frau Freitag: Vergiß das Wasser nicht, wenn du schon so viel Kaffee trinken mußt.

Herr Freitag: Du babelst.

Frau Freitag: Vergiß das Wasser nicht!

Herr Freitag: Was ist das: vergiß das Wasser nicht.

Frau Freitag: Dein Herz.

Herr Freitag: Mein Herz ist mein Herz.

Still vergeht die Zeit

Hörspiel

Rundfunk der DDR
Erstsendung: 19. 07. 1987